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Drei Dinge, auf die Asien-Investoren 2023 achten sollten


Im Überblick:

  • Der erfolgreiche Neustart der chinesischen Wirtschaft hat auch Auswirkungen auf andere Länder in Asien und weltweit, vor allem auf Europa.
  • Wegen der hohen Absicherungskosten haben Asien-Investoren 2022 vor allem in Euro-Anleihen investiert. Dieser Trend dürfte sich in diesem Jahr fortsetzen.
  • Wir gehen davon aus, dass ESG in Asien an Bedeutung gewinnt. Investoren steht eine immer grössere Auswahl aus ESG-orientierten und grünen Wertpapieren zur Auswahl.

Die rigorose Straffung der Geldpolitik in Reaktion auf die galoppierende Inflation machte 2022 zu einem der schwierigsten Jahre für die Finanzmärkte überhaupt.

Investoren hatten mit politischen Turbulenzen infolge der Invasion Russlands in die Ukraine und den daraufhin steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen zu kämpfen.

Die globalen Märkte waren während des gesamten Jahres volatil. Der S&P 500 verbuchte die schlechteste Jahresperformance seit 20081 , und internationale Anleihen lagen erstmals seit über 70 Jahren im Minus.2 Rohstoffe zählten zu den wenigen risikobehafteten Assets, die 2022 Gewinne erzielten.3

2023 werden Investoren vor allem mit den Folgen der strafferen Finanzbedingungen und dem schwächeren weltweiten Wachstum beschäftigt sein. Da die Nachfrage und die Lieferengpässe nachlassen, werden diese beiden Faktoren zusammen mit höheren Lagerbeständen und einer strafferen Geldpolitik vermutlich ausreichen, um die Inflation in den nächsten zwei Jahren wieder in die Nähe der von den Zentralbanken angestrebten Werte zu bringen. 

Insgesamt und weltweit gilt, dass die Investoren nach ihrer Flucht aus fast allen Assetklassen im letzten Jahr jetzt über so hohe Mittel verfügen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Davon könnten risikoreiche Wertpapiere 2023 profitieren.4

Aber solange nicht klar ist, wie sich das Wachstum entwickelt, könnte das Investmentumfeld eher von kurzfristigen Entscheidungen geprägt sein als von eindeutigen Trends. Angesichts des rückläufigen Wachstums bei nach wie vor vergleichsweise hoher Inflation und höheren Renditen spricht noch immer vieles für Anleihen.  Da wir uns dem Ende des Zinserhöhungszyklus nähern, dürfte sich das Umfeld in den nächsten Monaten stabilisieren und konsolidieren – und man wird sich vor allem für Wertpapiere mit laufenden Erträgen interessieren.

Für Asien haben wir drei Trends identifiziert, die 2023 die Märkte und die Mittelzuflüsse bestimmen dürften.

China ist wieder da!

2023 werden alle Augen auf China gerichtet sein, und obgleich das Land vor einer Flut von Herausforderungen steht, gibt es Gründe für Optimismus.  Die zweitgrösste Wirtschaft der Welt könnte, anders als der Rest, wachsen. Ihre anhaltend expansive Geldpolitik und die niedrige Inflation bieten Spielraum für eine Erholung des Wachstums von erwarteten 3% im Jahr 2022 (gegenüber 5,5% in Asien insgesamt) auf möglicherweise 5% in diesem Jahr.5 Und die jüngsten Massnahmen und Statements in Peking lassen vermuten, dass das Wachstum 2023 für die Regierung weiter oben auf der Agenda stehen wird.6

Der erfolgreiche Neustart der chinesischen Wirtschaft hat auch Auswirkungen auf andere Länder in Asien und weltweit, vor allem auf Europa. Der mögliche Aufschwung der Wirtschaft durch das Wiederanlaufen der Exporte und einen Anstieg der Inlandsnachfrage nach Waren und Dienstleistungen könnte sehr stark sein und dürfte auf den globalen Märkten dazu beitragen, einige der Probleme in der Lieferkette zu mindern, was wiederum den Inflationsdruck verringert.

Auch chinesische Aktien könnten kräftig steigen. Ihre Kurse sind auf bislang einzigartige Tiefststände zurückgegangen. Der Shanghai Composite ist 2022 um gut 27% gefallen.7 Weil seit Kurzem wieder mehr Optimismus herrscht, haben die Kurse bereits wieder angezogen, aber ein stetiger Anstieg ist unwahrscheinlich, weil noch immer nicht feststeht, ob der Aufschwung der chinesischen Wirtschaft reibungslos verlaufen wird.

 

Wegen der Bedenken der Investoren aufgrund der Abschwächung des Wohnimmobilienmarktes, der Deglobalisierung, der Restriktionen im Technologiesektor, des Umgangs mit dem privaten Sektor und der alternden Bevölkerung wird sich das Augenmerk vor allem auf das Potenzialwachstum Chinas richten. Daran ändert auch die Begeisterung über die Wiederöffnung nichts, die ihrerseits die Frage aufwirft, welche Folgen der starke Anstieg der COVID-19-Infektionen haben wird.8

 

Hohe Anleihenrenditen nutzen

Die hohen Absicherungskosten bestimmen die Anlageentscheidungen der Investoren weltweit, vor allem in Asien. Überall auf der Welt bis auf Japan und China wurde die Geldpolitik 2022 gestrafft. Japanische Investoren investieren daher immer weniger in US-Dollar-denominierte Papiere. Stattdessen entscheiden sie sich öfter für Euro-Anleihen und japanische Staatsanleihen.

Da die Federal Reserve ihre Zinsen schneller erhöht als andere Zentralbanken, hat sich der US-Dollar 2022 besser entwickelt als andere Währungen. Der Dollar-Index verbuchte im letzten Jahr den stärksten Jahresanstieg seit 2015, und der US-Dollar wertete gegenüber allen G10-Währungen auf.9 Deshalb ist es teuer geworden, US-Dollar-Anleihen in lokaler Währung abzusichern. Aber weil die Europäische Zentralbank später als die Fed begonnen hat, ihre Geldpolitik zu straffen, sind währungsgesicherte Euro-Anleihen wegen des niedrigeren Zinsabstands attraktiv. 

In den USA sind die Zinsen höher als in Europa. Für japanische Investoren sind deshalb auch die Absicherungskosten von Dollar-Anlagen höher als die von Euro-Papieren. Einfach gesagt, erzielen USD-Investoren gerechnet in Yen mit Anleihen weniger Ertrag als Euro-Investoren. Deshalb war 2022 eine zunehmende Präferenz für Euro-Anleihen zu beobachten, die sich aus unserer Sicht 2023 fortsetzen dürfte, weil davon auszugehen ist, dass sich die Geldpolitik in Europa und in den USA weiter unterscheiden wird.

Die Bank of Japan (BoJ) steuert aktiv die Zinsstrukturkurve. Sie hielt den Kurzfristzins bei -0,1% und strebt einen Langfristzins zwischen -0,25% und +0,25% an. Dies machte japanische Staatsanleihen gegenüber währungsgesicherten internationalen Papieren uninteressant. Ende 2022 – früher als erwartet – folgte die BoJ dem Vorbild der anderen Zentralbanken und kündigte überraschend eine Anpassung der Zinssteuerung an. Jetzt können sich die Zehnjahresrenditen frei in einer Spanne von -0,5% bis +0,5% bewegen.

Interessanterweise haben japanische institutionelle Investoren im November Übersee-Anleihen für eine Rekordsumme von 1,9 Billionen Yen netto (14,1 Milliarden US-Dollar) verkauft, weil japanische Staatsanleihen wieder attraktiver werden.10 Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend weg vor allem von US-Dollar-Papieren noch beschleunigen würde, wenn die BoJ ihre Zinsstrukturkurvenkontrolle komplett beendete.  Japanische Investoren würden ihr Kapital dann wieder eher im eigenen Land anlegen, sodass die USD-Anleihenrenditen unter Druck geraten könnten.

Mehr ESG

Nur wenige Assetklassen haben das Jahr 2022 unbeschadet überstanden. Portfolios, die ökologische, soziale und governancebezogene Faktoren (ESG) berücksichtigen, zählten nicht dazu.  Jetzt dürften ESG-Themen aber von den Auswirkungen der Pandemie und des Ukrainekrieges profitieren, weil die Energiewende und Nahrungsmittelsicherheit stärker in den Mittelpunkt treten. Hinzu kommen die von den politischen Turbulenzen ausgelösten Repatriierungstrends.

Wir erwarten zudem, dass sozialen Themen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, weil die schwächeren Arbeitsmärkte und die Auswirkungen der Inflation schlimme Folgen haben könnten.  Hier wollen Unternehmen mehr für ihre Kunden – und ihre Investoren – tun. Zugleich entwickeln Assetmanager nachhaltigere Anlageprodukte, um die immer weiter steigende Nachfrage aller Arten von Kunden zu decken. 

Auch in Asien ist eine entsprechende Entwicklung zu beobachten. Um positive Veränderungen anzustossen, stellen Unternehmen, Investoren, Aufsichtsbehörden und andere Interessengruppen zusammen Standards auf, die transparente und richtige ESG-Informationen ermöglichen.  Wir freuen uns, an diesem Wandel beteiligt zu sein, und betrachten ihn als Chance, wirklich etwas zu bewirken. Asien ist eine wirtschaftlich und kulturell vielfältige Region, und es ist davon auszugehen, dass die Übergangsrisiken sowie die Folgen des Klimawandels unterschiedlich hoch und gravierend sein werden.  Jedes Land wird den Wandel anders gestalten.

Partizipation und ESG-Berichterstattung asiatischer Unternehmen verbessern sich rasch. Am Beispiel der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD), die Unternehmen einen Orientierungsrahmen für ihre ESG-Berichterstattung bietet, ist zu beobachten, dass fast 25% ihrer 3.400 offiziellen Unterstützer weltweit ihren Sitz in Japan haben. Davon kommen etwa 10% aus Australien, Singapur, Indien, Hongkong und Festlandchina.11

Zugleich stehen Investoren immer mehr ESG-orientierte und grüne Wertpapiere zur Auswahl, und ihre Zahl dürfte weiter steigen – in Asien und weltweit. Ende des 3. Quartals hat das Volumen des Marktes für grüne Anleihen die wichtige 2-Billionen-US-Dollar-Grenze überschritten. Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass das jährliche Emissionsvolumen bis 2025 5 Billionen US-Dollar erreichen wird.12

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