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Nachhaltigkeit

Bescheiden, aber vielleicht doch bedeutsam: Die wichtigsten Ergebnisse von COP27 für Investoren


Im Überblick

  • Auf COP27 wurde besprochen, wie die Klimazusagen und -versprechen umgesetzt werden sollen, die auf dem Klimagipfel im letzten Jahr in Glasgow gegeben wurden.
  • Zwei Wochen dauerten die Klimagespräche, und es standen zahlreiche Themen auf der Tagesordnung, in diesem Jahr vor allem die Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen in den Emerging Markets.
  • Praktische umsetzbare Lösungen wurden nicht beschlossen, aber man ebnete den Weg für ehrgeizige Initiativen, bei der private Investoren eine massgebliche Rolle spielen können.

Wir sind schon im Vorfeld davon ausgegangen, dass der COP27-Klimagipfel schwierig werden würde. Leider behielten wir recht. Über 100 internationale Regierungsvertreter kamen im ägyptischen Sharm El-Sheikh in der Hoffnung zusammen, dass man die auf der Konferenz im letzten Jahr gegebenen Zusagen konkretisieren könnte, aber stattdessen gab es „viele Hausaufgaben, die in kurzer Zeit zu erledigen sind“, wie UN-Generalsekretär António Guterres zusammenfassend erklärte. Wir alle haben jetzt eine Reihe schwerer Entscheidungen zu treffen, vor allem zu den finanziellen Hilfen und einer echten Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe, mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Kein Wunder, dass viele vor den Hürden zurückschrecken.

Das neue Klimaabkommen enthält auch einen bahnbrechenden Ausgleichsfonds für Klimaschäden, der anfälligen Ländern bei der Bewältigung der verheerenden Auswirkungen des Klimawandels helfen soll, aber es gab verschiedene Streitpunkte, die die Verhandlungen behinderten und von denen viele auch nach fast 40 „Überstunden“ nicht gelöst wurden.1

Natürlich hatten die diesjährigen Teilnehmer neben den Herausforderungen des Klimawandels erhebliche weitere Probleme, mit denen sie sich befassen müssen, darunter der Krieg in der Ukraine, eine Energiekrise, eine völlig neue Geldpolitik, bestimmt von einer dynamischen Straffung, und die rekordhohe Inflation.

Im Mittelpunkt des Gipfels standen die Anpassung an den Klimawandel und der Ausgleichsfonds für Klimaschäden, aber auch Themen wie die Bekämpfung des weltweiten Artensterbens hatten ihren Platz. Das Ergebnis war ein Abkommen zur Entwaldung zwischen den weltweit grössten Regenwaldländern und eine neue Vereinbarung über die Finanzierung natürlicher Lösungen.2 In diesem Zusammenhang ist die UN-Biodiversitätskonferenz Anfang Dezember für Investoren interessant.

Am „Gender Day“ wurde die Zusage eines gerechten Wandels bekräftigt. Im Zentrum standen ein besserer Zugang zu Berufen mit Umweltbezug für Frauen und eine geschlechtergerechte Klimapolitik.

Offen gesagt blieb COP27 in puncto Zusagen hinter dem Gipfel im letzten Jahr in Schottland zurück, und selbst die in Glasgow getroffenen Vereinbarungen waren als eher schwach betrachtet worden, vor allem nach den grossen Hoffnungen angesichts des Zeitpunkts – auf halbem Weg zwischen dem bahnbrechenden Pariser Klimaabkommen und dem Jahr 2030, bis zu dem die national festgelegten Beitragszusicherungen (NDCs) zur Verringerung der Treibhausgasemissionen umgesetzt sein sollen.

Die endgültige Vereinbarung in diesem Jahr enthielt jedoch einige wichtige Punkte, die verantwortungsbewusste Anleger berücksichtigen sollten und die zu konkreten Klimaschutzmassnahmen führen und künftig auch Auswirkungen auf Portfolios haben könnten.

Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen

Vom ersten Tag an stand die Frage im Mittelpunkt, wie man die Emerging Markets finanziell bei der Bekämpfung des Klimawandels unterstützen kann. Nach einem Bericht, bei dem der Klimaökonom Nicholas Stern federführend war, müssen die Industrieländer bis 2030 jährlich etwa 1 Billion US-Dollar an die Emerging Markets zahlen, damit diese ihren Treibhausgasausstoss senken und gegen die Folgen des Klimawandels angehen können.3

Glücklicherweise gab es aber einige Fortschritte. Der bahnbrechende Ausgleichsfonds für Klimaschäden erfordert noch viel Arbeit, damit klar wird, wer wie viel bezahlt und wer entschädigt wird, aber das ist nur ein Teil der Lösung. Genauso wichtig sind Gespräche über ein neues jährliches Finanzierungsvolumen, das die zuvor festgelegten 100 Milliarden US-Dollar im Jahr bis 2020 ersetzt, die erstens nicht gezahlt wurden und zweitens jetzt endgültig vom Tisch sind. Ein konkretes Ziel wurde in Ägypten nicht beschlossen, aber man arbeitet daran.

Investoren hielten bereits einen ersten Einblick, wie sie möglicherweise zu dieser Finanzierung beitragen können. Klimainitiativen mit 120 Milliarden US-Dollar Volumen wurden vorgestellt, in der Hoffnung, dass man so schneller eine Finanzierung erhalten würde.4 Und je ehrgeiziger die Klimaziele werden, desto mehr Anreize für privates Kapital aus allen Bereichen sind zu erwarten.

Multilaterale Entwicklungsbanken und internationale Finanzinstitutionen, die mehr zum Klimaschutz betragen müssen, könnten nach Finanzierungslösungen Ausschau halten, die private Investoren an Bord holen und die Kapitalkosten senken.5 Auf COP27 wurde vorgeschlagen, Investoren Rahmenrichtlinien an die Hand zu geben, wie sie die von ihnen wahrgenommenen Risiken mindern können.6 Zugleich wurde ein Programm mit 15 Milliarden US-Dollar Volumen zur Unterstützung der Eindämmung der Klimafolgen und von Projekten zur Anpassung an den Klimawandel in Ägypten beschlossen. Sein Ziel ist die Entwicklung eines skalierbaren Modells zur grünen Finanzierung und eines Konzepts, wie man Anreize für private Investitionen schaffen kann.7

Fossile Brennstoffe, „emissionsarme“ und erneuerbare Energien

Die Forderung eines schrittweisen Ausstiegs aus allen fossilen Brennstoffen wurde zwar nicht in die endgültige Vereinbarung aufgenommen, könnte aber auf der Konferenz in Dubai im nächsten Jahr wieder aufgegriffen werden. Alle Fortschritte (oder ihr Fehlen) sollten im Zusammenhang damit gesehen werden, welche Wege sie bereiten.

Aber es gab durchaus auch Fortschritte bei den Zusagen zur Abkehr von Kohle als Energiequelle, die im letzten Jahr von über 40 Ländern gemacht worden waren. Die USA und Japan kündigten ein Finanzierungspaket mit 20 Milliarden US-Dollar Volumen an, um Indonesien beim Übergang von Kohlekraft zu erneuerbaren Energien zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass dessen Emissionen bereits ab 2030 und nicht erst ab 2037 zurückgehen.8 Ähnliche Programme mit 8,5 und 11 Milliarden US-Dollar wurden für Südafrika und Vietnam angekündigt. Sie sollen als Vorlage für andere kohleabhängige Emerging Markets dienen.9

Wir halten dies schon lange für einen Trend, zu dem Investoren beitragen können, und AXA IM hat zugesagt, bis zum Ende dieses Jahrzehnts alle Kohleinvestments aus OECD-Ländern abzustoßen. Bis 2040 wollen wir gar nicht mehr in Kohle investiert sein.

Unabhängig davon drängten einige afrikanische Länder darauf, die Erschliessung von Gasvorräten als Übergangstreibstoff zuzulassen. Bei der Verbrennung von Gas entstehen erheblich weniger Emissionen als beispielsweise bei der Kohleverbrennung. Das ist auch eine mögliche Erklärung dafür, dass der Ausdruck „emissionsarme“ Energien neben Erneuerbaren als Energiequelle der Zukunft in die abschliessende Vereinbarung aufgenommen wurde. Während in vielen Ländern, vor allem in Afrika, die Verbrennung von Gas dazu beitragen würde, weniger Wälder abzuholzen und das Artensterben einzudämmen, sollten verantwortungsbewusste Investoren aufpassen, dass ein solches „Schlupfloch“ nicht missbraucht wird.

Im Zusammenhang damit gibt es auch eine gute Nachricht. Über 150 Länder sind jetzt dem Global Methane Pledge beigetreten, der im Rahmen von COP26 ins Leben gerufen wurde. Ziel ist, die Methanemissionen bis 2030 um 30% gegenüber dem Niveau von 2020 zu verringern.10 Methan, im Grunde genommen nicht verbranntes Erdgas, ist eines der schädlichsten Treibhausgase, und 95% aller Länder planen jetzt im Zuge ihrer Klimazusagen eine Verringerung der Methanemissionen.11

Auch zum Thema grüner Wasserstoff, bei dessen Elektrolyse erneuerbare Energie genutzt wird, gab es erfreuliche Nachrichten. Wir halten grünen Wasserstoff für ein möglicherweise interessantes Investmentthema. Ägypten und Norwegen brachten den Bau einer 100MW-Produktionsstätte für grünen Wasserstoff im ägyptischen Ain Sukhna auf den Weg.12 Diese Technologie gilt als massgeblich für die Dekarbonisierung des Seefrachtsektors bis 2050.13

CO2-Ausgleich und -Gutschriften

Die Entwicklung eines CO2-Marktes sowie der Kauf und Verkauf von CO2-Gutschriften ist schon lange eine offenbar gute Lösung für Unternehmen, bei denen die Dekarbonisierung nur schwer möglich ist – und ein spannendes Thema für Investoren. Aber es gibt Bedenken im Zusammenhang mit Verifizierung und Verlässlichkeit.

In diesem Jahr wurden Rahmenrichtlinien zur Funktionsweise eines CO2-Marktes vorgeschlagen, die die Antwort auf die seit COP26 laut gewordenen Zweifel sein könnten. Ziel ist, die Qualität und die Integrität von CO2-Märkten zu verbessern, sodass am Ende die Emerging Markets mehr Kapital für ihre Energiewende generieren können. Auch Finanzmarktaufsichtsbehörden gaben Empfehlungen zur Verbesserung der Transparenz und der Richtlinien auf freiwilligen Kohlenstoffmärkten.14

Eine der grössten Zusagen der USA auf COP27 war ein Konzept für CO2-Kompensationen, der Energy Transition Accelerator. US-Regierungsvertreter hoffen, dass dadurch Milliarden US-Dollar aus dem privaten Sektor in die Emerging Markets fliessen, um deren Energiewende mit dem Bau von Wind- oder Solaranlagen zu fördern.15 Ein anderer Plan, die African Carbon Market Initiative (ACMI), will einen aktiven CO2-Markt auf dem afrikanischen Kontinent einführen und bis 2030 300 Millionen verlässliche CO2-Gutschriften jährlich ausstellen.16

Es soll aber noch einmal betont werden, dass das oberste Ziel die Verringerung von Emissionen ist, gefolgt von ihrer Vermeidung. Dann – und erst dann – folgen Formen des CO2-Ausgleichs. Ein gut strukturierter und verlässlicher Markt für CO2-Gutschriften ist Teil des Instrumentenkastens für die Energiewende, sollte aber keine Ausrede sein, sich vor einer Emissionsverringerung zu drücken.

Regulierung, Daten und Standards

Klimabewusste Anlagen sowie ökologische, soziale und governancebezogene Investments (ESG) im Allgemeinen hängen von wiederholbaren Daten hoher Qualität ab. Nur dann können verantwortungsbewusste Assetmanager Portfolios zusammenstellen, die den Prioritäten ihrer Kunden entsprechen. Wenig überraschend gab es deshalb auf dem COP27 zahlreiche Diskussionen über die Transparenz und Verlässlichkeit von Daten. Einig war man sich darüber, dass bessere Regulierungen, Daten und Standards zur Wirksamkeit von Klimamassnahmen beitragen würden.

Greenwashing, bei dem großen Worten kleine Taten folgen, war ein wichtiges Thema, nachdem Berichten zufolge die meisten Länder und Unternehmen, die Klimazusagen gemacht hatten, keine konkreten Massnahmen zur Erfüllung und Fortschrittsmessung genannt haben.17 Nach dem Bericht einer hochrangigen Expertengruppe der UN könnte man diesen Mangel mit Verlässlichkeitsleitlinien für Netto-Null-Zusagen lösen, die Standards für eine messbare Verringerung der Emissionen enthalten.18

Unterdessen stellte der frühere US-Vizepräsident Al Gore „Climate TRACE“ vor, eine globale Emissionsdatenbank, die Informationen zu über 70.000 Unternehmensstandorten in China, den USA und Indien enthalten wird, die Emissionen produzieren.19

Das ist genau die Art von Informationen, aus denen verantwortungsbewusste Investoren wichtige Erkenntnisse zu Klimarisiken ziehen können. Wir können in unseren Portfolios bereits heute diese Risiken beurteilen und die Allokation anpassen, aber solche Initiativen verbessern den Zugang zu Klimakennzahlen und helfen Investoren, direkt in sinnvolle Projekte mit Aussicht auf langfristige Erträge zu investieren.

Es gibt noch viel zu tun

Die Schlussvereinbarung war in diesem Jahr viel zu schwach, und das 2015 formulierte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, hängt nach wie vor in der Luft.20 Zwar gibt es eine Liste mit ehrgeizigen Plänen, aber deren Umsetzung ist bedenklich vage formuliert. Es scheint, als sei die eigentliche Arbeit auf den Gipfel im nächsten Jahr vertagt worden. Selbst zum bahnbrechenden Ausgleichsfonds für Klimaschäden gibt es noch mehr Fragen als Antworten.

Auch die Fortschritte bei den Massnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen müssen genau im Auge behalten werden. Das „Arbeitsprogramm zur Verringerung der Emissionen“, das die Verhandlungen in diesem Jahr verlangsamte, wurde in der Schlussvereinbarung von COP27 festgehalten. Danach sind jetzt die Länder gefordert, klare Ziele, Pläne und Messgrößen für ihre Klimazusicherungen abzugeben. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber ob sich die Emissionen tatsächlich verringern lassen, hängt am Ende von der Umsetzung des Programms ab.

Wir sollten aber auch noch auf Fortschritte hinweisen, die ausserhalb von COP27 erzielt wurden. Zwar haben die USA in diesem Jahr auf dem Gipfel keine starken Zusicherungen gemacht, aber der historische Inflation Reduction Act (IRA), der im August in Kraft getreten ist, sorgt für massive Veränderungen der Wirtschaftlichkeit der industriellen Dekarbonisierung. Gefördert von der Regierungspolitik und aufgrund der entstandenen wirtschaftlichen Chancen schafft das Gesetz bereits jetzt Anreize, die Dekarbonisierung jener Branchen des privaten Sektors voranzutreiben, in denen dies schwierig ist – mit rund 500 Milliarden US-Dollar an neuen Ausgaben und Steuererleichterungen zur Förderung von Investitionen in saubere Energie, zur Senkung der Gesundheitskosten und zur Erhöhung der Steuereinnahmen.21 Die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten müssen über ein ähnliches Konzept nachdenken, um ihre Pläne im Rahmen von „Fit for 55“22 und REPowerEU umzusetzen.23

Eine wichtige Botschaft des IRA und von COP27 ist, dass Investoren für jeden tragfähigen Plan zur Finanzierung unseres Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Der Weg zur Netto-Null und darüber hinaus steht fest, auch wenn dieser letzte Gipfel die Hürden nicht so weit aus dem Weg geräumt hat, wie es möglich gewesen wäre, und wir erwarten, dass die politische Unterstützung sowie die Forderungen und das Verhalten der Verbraucher weiterhin Anreize für möglicherweise interessante Investitionen in weltweite Klimainitiativen schaffen werden.

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