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Mögliche Chancen für Investoren durch mehr Diversität am Green-Bond-Markt


Der Markt für grüne Anleihen (Green Bonds) verändert sich. Nach einigen Jahren mit starkem Wachstum ist die Assetklasse nicht nur zum Mainstream geworden, sondern bietet Investoren auch eine größere Auswahl.  Weltweit wird Kapital zur Finanzierung der Energiewende und der Umstellung auf Netto-Nullemissionen benötigt. Deshalb gehen wir davon aus, dass sich der Markt weiterentwickeln und noch vielfältiger wird. Davon profitiert, wer angesichts dieser neuen Vielfalt mögliche Probleme erkennen kann.

Green Bonds kamen auf, um mehr Kapital in Projekte oder Unternehmen fließen zu lassen, die der Verbesserung der Umwelt dienen. Ursprünglich und wenig überraschend waren die ersten Emittenten Staaten.  Als AXA IM 2015 seine eigene Strategie für grüne Anleihen auflegte, bestand der Markt fast ausschließlich aus staatsnahen Papieren und hatte etwa 50 Milliarden US-Dollar Volumen.  2022 ist das völlig anders.

Heute beträgt das Marktvolumen 1 Billion US-Dollar, und es gibt ebenso viele Staats- wie Unternehmensanleihen. In den letzten sieben Jahren sind zahlreiche neue Marktteilnehmer aufgetaucht. Insgesamt gibt es jetzt fast 600 Emittenten. Banken spielten und spielen dabei eine wichtige Rolle, aber auch in anderen Sektoren wie Immobilien, Telekommunikation, Automobile, Chemie und Konsumgüter werden grüne Unternehmensanleihen begeben. Immer mehr Sektoren betrachten es als sinnvoll, in die Energiewende zu investieren, und suchen Kapital, um ihre Klimarisiken zu senken – oder vielleicht auch, um sich an Veränderungen anzupassen, die durch den Wandel entstehen.

Auch Staatsanleihenemittenten, das alte Bollwerk des Marktes, haben weiterhin grüne Anleihen ausgegeben, und jedes Jahr kommen neue Länder hinzu. Nach Großbritannien, Italien und Spanien im letzten Jahr haben zuletzt auch Dänemark, Kanada und Österreich grüne Anleihen begeben, weil die Netto-Null-Dynamik zu einem Anstieg der Investitionen sowohl der öffentlichen Hand als auch von Unternehmen beiträgt.

Ein breiterer Markt

In einem breiteren Markt gibt es auch mehr unterschiedliche Risikoprofile. Den Kern bilden nach wie vor Green Bonds von Qualitätsunternehmen, aber im Unternehmensanleihenbereich begeben Banken und Unternehmen mehr nachrangige Papiere (Tier 2) oder hybride Anleihen.

Sogar einige reine High-Yield-Emittenten sind aufgetaucht. Für sie war es anfangs schwierig. Sie sind in der Regel kleiner, sodass die mit einer Erstemission von Green Bonds verbundenen Mehrkosten hier noch höher waren.  Aber man sieht eine kontinuierliche Entwicklung, und aktuell haben High Yield (bestehend aus reinen High Yield und nachrangigen Anleihen mit High-Yield-Rating von Investmentgrade-Emittenten) etwa 10% Anteil am Gesamtmarkt.

Eine weitere wichtige Veränderung in den letzten Jahren ist, dass Schwellenländer Green Bonds begeben. China spielt hier eine entscheidende Rolle, dessen Emissionsvolumen 2022 Schätzungen zufolge 100 Milliarden US-Dollar übersteigen könnte. Angesichts dieses Trends prüft AXA IM die von Natur aus komplexen Emissionen sehr genau. China ist wichtig für den Wandel zu einer CO2-freien Wirtschaft, und grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass große Investoren eine Harmonisierung der globalen Green-Bond-Standards vorantreiben sollten. Unterdessen sollten sie jede Anleihe einzeln sehr genau analysieren.

Die meisten chinesischen Green Bonds wurden am Onshore-Markt emittiert, was ausländische Investoren möglicherweise enttäuscht hat. Aber es gibt auch zahlreiche Papiere, die in US-Dollar oder Euro denominiert sind.  Kurz gesagt entsprechen nicht alle in China emittierten grünen Anleihen unseren Standards, aber es gibt durchaus glaubwürdige Instrumente und Initiativen, in die man getrost investieren kann.

Immer mehr Chancen an den Emerging Markets

Und die Emerging Markets sind nicht nur China. Indien, Indonesien, Chile und andere werden ebenfalls aktiv und bringen sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen an den Markt. Wir gehen fest davon aus, dass dieser Trend in den nächsten Jahren noch stärker wird. Außerdem meinen wir, dass dies eine Chance für alle sein könnte, die etwas für die Umwelt tun wollen, weil es hilft, die Energiewende in Ländern voranzutreiben, die möglicherweise noch Nachholbedarf haben. Mit Green Bonds aus Schwellenländern fließt Kapital in Regionen, wo grüne Investitionen mehr bewirken können als in den Industrieländern.

Und über den Umweltgedanken hinaus sind wir der Ansicht, dass diese Möglichkeit, in Emerging Markets investieren zu können, Portfolios eindeutig diversifizieren kann. Das kann nach Risikoprofilen erfolgen und für mögliche höhere Renditen, als man mit ratinggleichen europäischen Emissionen erzielen kann, was für eine dynamischere Green-Bond-Strategie spricht, die diese wachsende Marktnische nutzt.

Das Beispiel China ist eine gute Warnung für Green-Bond-Investoren, überall Vorsicht walten zu lassen. Grüne Anleihen haben höchst unterschiedliche Bedingungen und Strukturen. An diesem Markt bestehen Risiken, die man an keinem anderen Markt kennt. Ist ein Projekt wirklich grün? Ist es Teil einer Unternehmensstrategie, die zu den Umweltzielen passt? Wie viel vom eingeworbenen Kapital wird für „andere Zwecke“ genutzt?

Der Markt wächst und entwickelt sich weiter. Deshalb müssen wir meiner Meinung nach genau darauf achten, dass wir unsere Strategien nicht verwässern. Hier ist Vorsicht geboten. Es gibt keine Garantie, dass jede neue Emission wirklich und nachweislich „grün“ ist. Und Teil der Aufgabe eines wirklich verantwortlichen und aktiven Investors ist auch die genaue Analyse möglicher Anlagen vor der Investition.

Investoren müssen sehr sorgfältig agieren

Das Wachstum des Green-Bond-Marktes ist eine gute Sache, weil dadurch Kapital in Initiativen fließt, die die Energiewende vorantreiben, aber es schafft auch die Möglichkeit für Unternehmen, Angebote zu unterbreiten, die grenzwertig oder schlicht inakzeptabel sind.

Bei unserer Portfoliokonstruktion wenden wir unsere Standards für grüne Anleihen sehr streng an. Zugleich diversifizieren wir unsere Positionen aber auch und nehmen Green Bonds dieser neuen Anbieter auf. Auffallend ist allerdings, dass der Anteil der Papiere, die unseren Standards nicht entsprechen, steigt. Und das gilt nicht nur für grüne Unternehmensanleihen. In jüngster Zeit haben wir uns an einigen staatlichen Green-Bond-Emissionen nicht beteiligt, weil wir zu dem Schluss kamen, dass mit ihnen auch fossile Brennstoffe finanziert werden. Aus unserer Sicht bestehen klare und wesentliche Risiken für die Reputation, aber auch für die Finanzen von Investoren, die bei der Auswahl ihrer Green-Bond-Anlagen nicht große Vorsicht walten lassen. Wenn Emittenten in ökologische, soziale und governancebezogene (ESG-)Kontroversen verwickelt sind, geraten ihre grünen Anleihen stärker unter Druck als ihre traditionellen Papiere.

Diversifikation erfordert sorgfältige Analysen.  Ein Markt mit 1 Billion US-Dollar Volumen ist plötzlich entstanden, weil wir alle eine zukunftsfähige Wirtschaft wollen.  Seine Entwicklung zu einem gesund wachsenden Anlageuniversum bringt viel Gutes für unseren Planeten – und für aktive verantwortliche Investoren, die das neue Umfeld verstehen und damit umgehen können.

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