
Aktuelle Sichtweisen unsere CIOs: Anleger müssen sich an veränderte Fundamentaldaten anpassen
- 03 April 2025 (5 Minuten Lesezeit)
Im Überblick
Chris Iggo, CIO AXA IM Core
Neuerliche Marktverwerfungen
Anleger sehen sich derzeit sowohl mit Wachstums- als auch mit Inflationsrisiken konfrontiert. Unsicherheit über die politische Entwicklung sowie Verschiebungen der globalen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen haben die Marktvolatilität in die Höhe getrieben, und die Anleger haben einige Mühe, ihre Portfolios an die sich verändernden Fundamentaldaten anzupassen. Bislang scheinen Wachstumsrisiken zu dominieren. Dies zeigt sich insbesondere in den Abwärtskorrekturen der BIP-Prognosen für die USA, der Gewinnerwartungen für den S&P 500 und der relativen Performance von US-Börsen im Vergleich zu europäischen Märkten. Im letzten Jahrzehnt wies der US-Aktienmarkt ein höheres Gewinnwachstum gegenüber anderen Märkten auf, was den Bewertungsaufschlag rechtfertigte, der seit der Pandemie noch gestiegen ist. Nach wie vor bestehen keinerlei Zweifel über die langfristigen Stärken des US-Marktes. Auf kurze Sicht werden sie jedoch teils von Sorgen über mögliche Effekte der Handels- und Innenpolitik auf das Vertrauen und den Konsum überschattet.
Die Inflationsrisikoprämien und Anleiherenditen hingegen sind stabil. Zölle werden sich auf die Verbraucherpreise niederschlagen, doch das grössere Delta hängt von den Wachstumserwartungen ab. Dies legt nahe, dass die Underperformance am US-Aktienmarkt anhalten könnte. Anleihen haben sich überdurchschnittlich gut entwickelt, und wir beurteilen Unternehmensanleihen nach wie vor positiv. Eine weiter in die Zukunft reichende Anpassung der Bewertungen von Anleihen und Aktien setzt jedoch eine Bestätigung der aktuellen Zinserwartungen voraus. Sollten Anleger und Marktbewertungen die Wachstumsaussichten jedoch noch tiefer ansetzen, so würde eine Kehrtwende der US-Notenbank hin zu einem expansiveren Kurs wahrscheinlicher. Falls sich Aktien noch deutlicher von ihren extremen Überbewertungen entfernen, könnten die Renditen zehnjähriger US-Anleihen letztlich unter 4 % sinken. Ein Ende der im laufenden Jahr bereits zu beobachtenden Überraschungen ist somit nicht unbedingt in Sicht.
Alessandro Tentori, CIO Europe
Bundesanleihen: Der Abfall vom Glauben
Deutsche Staatspapiere (Bundesanleihen) erlebten am 5. März ihren düstersten Tag in der Geschichte des Euroraums, als die Rendite der als Benchmark geltenden zehnjährigen Bundesanleihe um 30 Basispunkte in die Höhe schnellte und der iBoxx Germany Sovereign Index um beachtliche 1,8 % nachgab. Die Bewegung übertrug sich einheitlich auf die Kurven sämtlicher europäischer Staatsanleihen, wobei sich die Spreads zwischen den Ländern kaum volatil zeigten, während der iBoxx Eurozone Sovereign Index analog zum deutschen Anleihebarometer in die Tiefe purzelte.
Der Grund für diese ungewöhnliche Volatilität war die offensichtliche Abkehr Deutschlands von seiner Haushaltsdisziplin. Tatsächlich hat Deutschland seit 1999 nur zweimal eine antizyklische expansive fiskalische Haltung eingenommen und verzeichnet damit seit der globalen Finanzkrise von 2008 ein bescheidenes Haushaltsdefizit von 14 %. Zum Vergleich: Frankreich hat im selben Zeitraum Haushaltsdefizite von nahezu 80 % und Italien von fast 70 % angehäuft.
Unserer Ansicht nach hängt die heftige Marktreaktion damit zusammen, dass Berlin die Rolle des Verfechters einer orthodoxen Fiskalpolitik hinter sich lässt und seinen reichlich vorhandenen fiskalischen Spielraum für Strukturprojekte nutzt. Dies könnte einen epochalen Wandel der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Europas signalisieren. An den Märkten wird indes vor allem eine einfache Botschaft wahrgenommen. Es werden mehr Bundesanleihen ausgegeben werden müssen, um deutsche
Strukturprojekte zu finanzieren; das deutsche BIP-Wachstum wird mittelfristig angekurbelt, und andere Länder der Eurozone könnten einen ähnlichen fiskalischen Ansatz verfolgen. Für Befürworter strukturell hoher (oder höherer) Renditen ist dies eine gute Nachricht.
Ecaterina Bigos, CIO Asia ex-Japan
Eine Geschichte zweier Volkswirtschaften
Sowohl Indien als auch China befinden sich in ihren jeweiligen wirtschaftlichen und geldpolitischen Zyklen an Wendepunkten – und dies hat Auswirkungen auf die Bewertungen von Vermögenswerten. Strukturell und zyklisch durchleben beide Volkswirtschaften eine Schwächephase. Während die chinesische Regierung zu Konjunkturmassnahmen greift, ist Indien bestrebt, seine Haushaltslage zu konsolidieren, um makroökonomisch tragfähiger zu werden. In China verfügen die Privathaushalte derzeit über hohe Ersparnisse – 34 % waren es Ende 2024. Zudem weist das Land mit 45 % strukturell einen geringeren Anteil des Konsums am BIP auf, während sich dieser in Indien auf 60 % beläuft (69 % sind es in den USA). Ein Anstieg des privaten Verbrauchs auf 60 % des BIP entspräche, gemessen am heutigen BIP, einem jährlichen Konsum von rund 10 Bio. US-Dollar – ein Plus von 3 Bio. US-Dollar gegenüber dem aktuellen Niveau. Um eine Unterstützung des Einzelhandels in dieser Grössenordnung zu erreichen, sind Marktreformen und konzertierte politische Anstrengungen mit klar an die Verbraucher gerichteten Anreizen erforderlich.
Im Gegensatz dazu hängt die Verwirklichung des indischen Ziels, eine 10 Bio. US-Dollar schwere Volkswirtschaft mit höherem Produktionsanteil zu werden, von einem fortgesetzten und beschleunigten Ausbau der Infrastruktur ab, um chinesische Standards zu erreichen.
Auf Indien entfallen lediglich 3 % der weltweiten Produktion, womit das Land bei der Hälfte des chinesischen Produktionsanteils im Jahr 2000 liegt. Das verarbeitende Gewerbe in Indien ist stärker
von anderen Volkswirtschaften abhängig, die Wertschöpfung ist geringer und die Anreize sind im Vergleich zum globalen Kontext weiterhin bescheiden. Derzeit liegt der Erfolg des Landes im Export von Dienstleistungen, die 55 % des BIP ausmachen. Im verarbeitenden Gewerbe werden 15 % erwirtschaftet, wobei diese Quote seit einem Jahrzehnt jedoch mehr oder weniger stagniert.
Umsetzungsideen
Europäische Aktien
Begründung
Deutschlands höhere Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung werden Wachstumseffekte in Europa auslösen und europäischen Unternehmen zugutekommen. Dank gestiegener Erwartungen an das Gewinnwachstum bieten die europäischen Märkte derzeit ein höheres Wertpotenzial als die US-Aktienmärkte. Die geopolitische Verschiebung in Europa dürfte dazu führen, dass sich mehr Binneninvestitionen auf die europäischen Märkte konzentrieren.
Total-Return-Strategien für Euro-Unternehmensanleihen
Begründung
Abgesehen von durchwachsenen makroökonomischen Faktoren, die Schwankungen unterliegen, werden europäische Unternehmensanleihen von robusten Fundamentaldaten, attraktiven Renditen und starken Zuflüssen unterstützt. Angesichts der Abkehr von Geldmarktfonds aufgrund der Tatsache, dass institutionelle Anleger bestrebt sind, sich die aktuellen Renditen zu sichern, dürfte die Nachfrage weiter steigen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Zinssätze und der makroökonomischen Volatilität ermöglichen nicht an Vorgaben gebundene Strategien ein flexibles Durationsmanagement und eine stark überzeugungsgeleitete Positionierung.
Short-Duration- und andere Hochzinsstrategien
Begründung
Flache Renditekurven und das Risiko, dass die politische Unsicherheit die langfristigen Renditen in die Höhe treibt, sprechen für ein Engagement mit kurzer Duration. Dank erhöhter Kupons an den Hochzinsmärkten kann die Anlageklasse mit den erwarteten Aktienrenditen konkurrieren, wenngleich bei einer geringeren Volatilität. Hohe Einnahmen stellen überdies angesichts von Vorbehalten hinsichtlich abwärts gerichteter Wachstumsrisiken ein Ertragspolster ab. Im Gesamtbild bleiben die Fundamentaldaten nach wie vor solide, da Refinanzierungs- und Angebotsrisiken an den Hochzinsmärkten weniger Besorgnis hervorrufen als bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen.
Überblick der Anlageklassen
Die geäusserten Ansichten spiegeln die Erwartungen des CIO-Teams hinsichtlich der Renditen und Risiken der Anlageklassen wider. Ampeln deuten auf eine erwartete Rendite über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten im Vergleich zu langfristig beobachteten Trends hin.
Positiv | Neutral | Negativ |
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Die Ansichten des CIO-Teams beruhen auf den Ansichten des AXA IM Macro Research- und des AXA IM Investment-Teams und sind nicht als Empfehlung zur Vermögensallokation zu verstehen.
Zinssätze | Keine Gewissheit über den Zeitpunkt weiterer Zinssenkungen und keine klare Richtung für Anleiherenditen | |
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US-Staatsanleihen | Die US-Notenbank pausiert; Chance auf niedrigere Renditen, falls die Wachstumssorgen anhalten | |
Euro-Gov. (Kernländer) | Die jüngste Verkaufswelle hat die Bewertungen verbessert; nach wie vor werden EZB-Zinssenkungen erwartet | |
Euro-Gov. – Spreads | Stabile Spreads, wobei auf neue Ausgabenpläne zu achten ist | |
Britische Gilts | Haushaltspolitische Unsicherheit und Zinspause der Bank of England sorgen für stabile Renditen | |
Japanische Staatsanleihen | Möglicherweise steigende Renditen, da eine weitere Straffung der Geldpolitik erwartet wird | |
Inflation | Die Breakeven-Inflationsraten in den USA und Grossbritannien erscheinen zu niedrig angesetzt |
Unternehmensanleihen | Die jüngste Spread-Ausweitung dürfte das Anlegerinteresse aufrechterhalten | |
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USD Investment Grade | Attraktive Renditen im Vergleich zu Treasuries | |
EUR Investment Grade | Die Spreads von Unternehmensanleihen dürften stabil bleiben; Zölle stellen ein Risiko dar | |
GBP Investment Grade | Risiko einer Spread-Ausweitung bei weiterhin schwachen Wachstumsaussichten | |
US-Hochzinsanleihen | Anhaltende Unterstützung durch technische Faktoren und die Bewertungen; Aktienschwäche ist ein Risiko | |
Euro-Hochzinsanleihen | Attraktive Renditen und ein verbessertes Finanzierungsumfeld | |
EM in Hartwährung | Auswirkungen von Zöllen auf verschiedene Länder müssen im Blick behalten werden |
Aktien | Die globale Abkehr von US-Papieren könnte aufgrund der Unsicherheit über die Zollpolitik anhalten | |
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USA | Ein glaubwürdiger Plan zur Beseitigung der Unsicherheit über Zölle kann die Fortsetzung des Konjunkturzyklus ermöglichen | |
Europa | Die deutschen Haushaltspläne treiben die langfristigen Wachstumserwartungen in die Höhe | |
UK | Attraktive Bewertungen, wobei es einer wachstumsfreundlicheren Politik bedarf | |
Japan | Der industrielle Aufschwung wird japanischen Aktien zugutekommen; Zölle könnten zum Stolperstein werden | |
China | Technologiebranche führt dank Durchbruch auf dem Gebiet der KI die Markterholung an; Zölle stellen ein Risiko dar | |
Anlagethemen* | Nach wie vor hohe Ausgaben im Zusammenhang mit KI |
*AXA Investment Managers hat sechs durch Megatrends gestützte Themen identifiziert, von denen wir denken, dass sie am besten geeignet sind, die sich entwickelnde Weltwirtschaft zu steuern: Technologie & Automatisierung, vernetzter Verbraucher, alternde Bevölkerung und Lebensstil, sozialer Wohlstand, Energiewende und biologische Vielfalt.
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