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Nachhaltigkeit

Vier Gründe, warum soziales Investieren auf Dauer für Nachhaltigkeit sorgt


  • Wegen des Klimawandels, politischer Auseinandersetzungen und der ungleichen Vermögensverteilung achten ESG-Investoren immer mehr auf soziale Faktoren.
  • Regierungen, Unternehmen, Verbraucher und Investoren bemühen sich um weniger gesellschaftliche Ungleichheit.
  • Anlagestrategien mit Social Impact haben eine grosse Themenvielfalt. Dazu zählen Bildung, Wohnen und Infrastruktur, Gesundheit und Finanzdienstleistungen.

Traditionell konzentrierten sich ESG-Strategien vor allem auf das „E“, die Umwelt. In den letzten Jahren galt das umso mehr, da der Klimanotstand zum wichtigsten Thema wurde.

Mittlerweile widmet man sich aber verstärkt dem „S“, also sozialen Themen. Auch hier finden sich immer mehr Anlagechancen. Die Folgen des Klimawandels, wachsender politischer Dissens und die immer ungleichere Vermögensverteilung haben dazu beigetragen. Trotz wirtschaftlichen Fortschritts wächst die soziale Ungleichheit, was nicht ohne Folgen für Wirtschaft, Unternehmen und letztlich auch Anlageportfolios bleibt. Nach dem UN-Index der menschlichen Entwicklung, der etwa Lebenserwartung, Bildung und Pro-Kopf-Einkommen berücksichtigt, haben sich diese Faktoren in neun von zehn Ländern in den letzten zwei Jahren verschlechtert.1

Die UN sieht als wichtigste Gründe dafür die Pandemie, den Krieg in der Ukraine und den Klimawandel. Jetzt, da die Inflation immer weiter steigt, nimmt die Ungleichheit noch weiter zu.

Die UN sagt dazu: „Wir alle tragen dazu bei, dass die Lebenshaltungskosten weltweit immer weiter steigen. Die Krise wirkt destabilisierend und verunsichert die Menschen.“2 Wir sehen in dieser schwierigen Lage ein wichtiges Risiko für Investoren. Die Suche nach Lösungen kann aber auch eine Chance sein.

Das S wird wichtiger

Durch die zunehmende wirtschaftliche Ungleichheit sind die Einkommen von 99% der Weltbevölkerung gefallen. Über 160 Millionen mehr Menschen sind heute arm, schreibt Oxfam International.3 Da überrascht es nicht, dass Regierungen, Unternehmen, Verbraucher und Investorenverbände aktiv werden, um etwas dagegen zu tun.

Die Regierungen reagieren mit unterschiedlichen Massnahmen – von höheren Gesundheitsausgaben bis zu Transfers an Arbeitnehmer. Unternehmen verbessern die betrieblichen Sozialleistungen und machen die Arbeitszeiten flexibler. Verbraucher werden markenbewusster und achten auf den sozialen Fussabdruck, analog zum CO2-Fussabdruck.

Es sind viele Anlageprodukte an den Markt gekommen, die auf sozialen Impact setzen. Sie wählen die in ihrer Branche führenden Unternehmen aus. Hinzu kommen Social Bonds zur Finanzierung diverser sozialer Projekte. Immer mehr Investoren wollen wissen, wie sie mit ihren Anlagen zum sozialen Fortschritt beitragen können. Sie wollen in Unternehmen investieren, die für gesellschaftliche Verbesserungen sorgen und Firmen zu einer besseren Sozialperformance anhalten. Für uns ist soziales Investieren gleichbedeutend mit der Lösung von Problemen: Wir wollen Defizite beheben – und zwar so, dass Investoren dabei Erträge erzielen können.

Im Folgenden geht es um vier wichtige Themen unserer Social-Impact-Strategien: Bildung, Wohnen und Infrastruktur, Gesundheit, Finanzdienstleistungen. Verschiedene Entwicklungen können hier für Mehrbedarf sorgen, etwa das Wachstum der Mittelschicht in den Emerging Markets. Und die Demokratisierung der Technologie hat dazu geführt, dass auch bislang unterversorgte Menschen jetzt Zugang haben.

Bildung

Bildung verbessert die Lebensbedingungen und steigert sogar die Lebenserwartung. Und das ist nicht alles. Sie fördert die gesellschaftliche Stabilität und das langfristige Wirtschaftswachstum. Aber noch immer gehen etwa 57 Millionen Kinder nicht zur Schule, und 60% aller Kinder und Jugendlichen erreichen nicht einmal eine minimale Lese- und Rechenkompetenz.4

Nach dem Global Education Monitoring Report müssen Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen ihre jährlichen Bildungsausgaben von 149 Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf 340 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 anheben, um bis dahin eine umfassende Sekundarschulbildung zu erreichen. Das wären 6,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP).5 Dem Bericht zufolge werden weltweit jährlich 4,7 Billionen US-Dollar für Bildung ausgegeben, aber gerade einmal 0,5% davon in Ländern mit niedrigem Einkommen. 65% entfallen auf Länder mit hohen Einkommen, obwohl es hier ähnlich viele Kinder im Schulalter gibt.6

Im Bildungsbereich gibt es zwei Herausforderungen: Erstens muss der Zugang zu Bildung verbessert werden und jedermann offenstehen, Jungen wie Alten, ohne Ausnahmen und kontinuierlich. Zweitens müssen geeignete und wirksame Lehrmethoden entwickelt werden. Wir rechnen daher vor allem mit neuen Anbietern von Bildungstechnologie. Sie bieten Schülern kostengünstige Lösungen, damit sie effizienter und individueller lernen können.

Manche Unternehmen versuchen, davon zu profitieren. Chegg, eine Onlineplattform für Schüler, möchte kostengünstige Dienstleistungen anbieten. Sie hat mittlerweile 5,3 Millionen Abonnenten. Ein anderes Beispiel ist IDP Education. Das Unternehmen ist in über 50 Ländern aktiv und hilft Schülern in den Emerging Markets, Englisch zu lernen und weltweit Studienplätze zu finden.7  8

 

Wohnen und Infrastruktur

Menschenwürdiges Wohnen und eine gute Infrastruktur für alle bleibt eine Herausforderung. Die Hälfte der Weltbevölkerung, etwa 3,5 Milliarden Menschen, lebt heute in Städten, und bis 2030 werden es voraussichtlich 5 Milliarden sein. 2070 rechnet man dann mit einem Urbanisierungsanteil von 70%.9

Diese schnelle Urbanisierung macht die Trinkwasserversorgung ebenso wie die Abwasserbeseitigung immer schwieriger. Ähnliches gilt für die Lebensbedingungen und die öffentliche Gesundheit. Heute leben etwa 828 Millionen Menschen in Slums, die meisten davon in Ost- und Südostasien.10

Man schätzt, dass weltweit jährlich etwa 3,9 Billionen US-Dollar in Infrastruktur investiert werden müssen.11

Die grössten Probleme, und auch die grössten Chancen, sehen wir in den Emerging Markets: Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) schätzt, dass in ganz Asien bis 2030 jährlich etwa 1,7 Billionen US-Dollar in Infrastruktur investiert werden müssen. Nur dann lassen sich das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten, die Armut beseitigen und der Klimawandel erfolgreich bekämpfen.12

2022 haben sich die G7-Länder verpflichtet, 600 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung der Infrastruktur in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen aufzubringen. 13 Die sogenannte Partnership for Global Infrastructure and Investment wird fünf Jahre lang öffentliche und private Gelder investieren – in Klimaschutz, öffentliche Gesundheit, digitale Infrastruktur und die Angleichung der Lebensverhältnisse. Infrastruktur und Wohnen sind aber nicht nur in den Entwicklungsländern ein Problem. In den USA kostet ein Mobilheim etwa das Doppelte eines Median-Jahreseinkommens und ein klassisches Haus etwa sieben Jahreseinkommen.14

Schon jetzt haben viele Unternehmen kostengünstiges Wohnen als Geschäftsmodell entdeckt, und es werden immer mehr. Ein Beispiel ist der US-Konzern Sun Communities. Sein Ziel sind erschwingliche Qualitätshäuser im Süden und Mittleren Westen der USA. Ein anderes Beispiel ist TAG Immobilien aus Deutschland, ein Anbieter günstiger Mietwohnungen.

 

Gesundheit

Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung ist eine gesunde Bevölkerung. COVID-19 hat uns eindringlich vor Augen geführt, dass wir ohne eine gute medizinische Versorgung und den Schutz vor Krankheiten nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch den künftigen Wohlstand gefährden. Nach Angaben der OECD dürften die öffentlichen Gesundheitsausgaben in den Industrieländern 2030 fast 9% des BIP erreichen und bis 2060 auf 14% steigen.15

Es überrascht deshalb nicht, dass eine bessere Gesundheitsversorgung für Regierungen und Verbraucher weltweit von grösster Wichtigkeit ist. Ziel muss aber auch sein, die Kosten zu begrenzen, zumal die Weltbevölkerung immer älter wird.

Zum Glück bieten zahlreiche Firmen hier neue Lösungen und verbessern bestehende. So entwickelt das Biotechnologieunternehmen Regeneron Medikamente für Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen wie degenerativen Augenleiden, die zur Erblindung führen können. Hinzu kommen Medikamente gegen Infektionen und andere seltene Krankheiten.

Auch das internationale Lifesciences- und Personal-Care-Unternehmen Croda, das in 39 Ländern aktiv ist, bietet wichtige Produkte wie Spezialchemikalien und Wirkstoffapplikationssysteme für den Gesundheitssektor.16

Dank des technischen Fortschritts in den letzten Jahrzehnten haben wir jetzt leichter anwendbare, wirksamere und auch individuellere Medikamente.

Auch die Telemedizin hat erhebliche Zuwächse verzeichnet: Gesundheitsdienstleistungen und Patientendaten werden elektronisch weitergegeben und verwaltet. Wir glauben, dass solche virtuellen Dienste das Gesundheitssystem entlasten können. Sie können die Kosten senken und durch niedrigere Zugangsschwellen die Prävention verbessern. Laut McKinsey ist die Telemedizin gegenüber der Vor-Corona-Zeit um das 38-Fache gewachsen.17

Finanzielle und digitale Inklusion

Die digitale Ungleichheit bleibt ein wichtiges Hindernis. Nach einer UN-Studie aus dem Jahr 2022 gibt es einen wachsenden „Konnektivitäts-Canyon“ zwischen jenen, die die UN als „hypervernetzt“ bezeichnet, und anderen, die in der „digitalen Wüste“ leben. Über ein Drittel der Weltbevölkerung ist noch immer ganz und gar offline.18

Ein fehlender Internetzugang kann die Bildungschancen massiv mindern. Die Stellensuche wird ebenso erschwert wie die Gesundheitsversorgung. Man kann nicht so leicht unternehmerisch tätig sein und hat noch weitere Nachteile. All das mindert das Wirtschaftswachstum und verschärft die Ungleichheit innerhalb der Länder und zwischen ihnen.

Nach dem Global Connectivity Report 2022 der UN haben 2,9 Milliarden Menschen kein Internet, und viele weitere Hundert Millionen müssen mit einem teuren und schlechten Zugang vorliebnehmen.

Ausserdem haben weltweit etwa 1,7 Milliarden Erwachsene kein Bankkonto. Entsprechend schwer fällt es ihnen zu sparen oder im Notfall Kredite aufzunehmen.19

Finanzielle Inklusion bedeutet, dass Privatpersonen und Unternehmen Zugang zu wichtigen und kostengünstigen Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen haben, die zu ihren Anforderungen passen: Banktransaktionen, Zahlungsverkehr, Sparprodukte, Kredite und Versicherungen, ermöglicht und bereitgestellt von verantwortungsvoll und nachhaltig arbeitenden Dienstleistern. Damit die Mehrheit der Menschen in spätestens fünf Jahren den nötigen Internetzugang haben, müssen 2,1 Billionen US-Dollar investiert werden, schreibt das World Economic Forum. 20

Entscheidend dafür ist der Zugang zu Technologie und der für die Konnektivität erforderlichen Infrastruktur. Real werden Smartphones und Digitalgeräte immer billiger, aber online zu gehen ist in manchen Entwicklungsländern noch immer teuer. Der britische Telekommunikationsanbieter Helios Towers möchte dieses Problem angehen, durch den Bau und den Betrieb von Telekommunikationsmasten in Afrika. So können Menschen und Unternehmen in Gebieten mit einer unterentwickelten oder fehlenden Festnetzinfrastruktur die dringend benötigten Sprach- und Datendienste nutzen.

Soziale Nachhaltigkeit

Hier halten wir Investitionen in Unternehmen für wichtig, die den Bedarf unterversorgter Menschen decken. Langfristige Finanzerträge trauen wir vor allem Firmen zu, die für gesellschaftlichen Fortschritt sorgen können. Es gibt viele Anlagemöglichkeiten in Unternehmen mit einem aus unserer Sicht hohen Wachstumspotenzial, weil sie noch nicht erfüllte Anforderungen in den Bereichen Bildung, Wohnen und Infrastruktur, Gesundheit und Finanzdienstleistungen abdecken.

Für uns ist Social Impact Investing mehr als ein Konzept mit der Aussicht auf nachhaltiges und rentables Wachstum. Es ist eine echte Chance, in unsere Gesellschaft zu investieren und etwas für künftige Generationen zu tun.

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