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Markt Updates

Es reicht!


Billionen von Dollar gingen durch die Aktienmarktturbulenzen verloren. Wenn das Konsum- und Geschäftsklima einbricht, droht eine üble Abwärtsspirale. Da hilft es auch nicht, nach jedem Pressetermin auf Trumps Theoriedefizite hinzuweisen. Anleger müssen ihr Vermögen schützen – defensivere Assetklassen und sichere Häfen werden Aktien wohl hinter sich lassen. Unternehmensanleihen waren zuletzt stabiler als Aktien, auch wegen der niedrigeren Zinsen. Wenn jetzt die Berichtssaison für das 1. Quartal beginnt, könnten sich die US-Unternehmen pessimistischer äussern. Aktien sind noch immer teuer, und die Credit Spreads sind eng. Wenn jetzt das Wirtschaftsklima einbricht, geht die Korrektur weiter.


Preise und Mengen

Bei Zöllen geht es zunächst um Preise (Inflation), aber der Markt achtet auf Mengen (Wachstum). Trumps „Liberation Day“ hat vor allem die Bären befreit: Aktien sind weltweit im freien Fall, Anleihenrenditen brechen ein, und der Dollar wertet ab. Fast alle sind sich einig, dass Trumps Zölle eine Rezession in den USA sehr viel wahrscheinlicher gemacht haben, und in anderen Ländern wohl auch. In den letzten Wochen zeigten die Umfragen, dass das Konsum- und Geschäftsklima in den USA eingebrochen ist. Immer mehr Auguren sagen den USA eine Rezession voraus. Die Gewinnmargen der Unternehmen dürften dann einbrechen, ihre Nettogewinne fallen und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse schrumpfen. Die Fed hat in Rezessionsphasen meist die Zinsen gesenkt. Wahrscheinlich tut sie es auch diesmal, sodass die Portfolios noch stärker umgeschichtet werden müssen. Die jüngsten Kursverluste waren brutal: Bei Redaktionsschluss hatte der MSCI World Index seit seinem Höchststand Mitte Februar 9,7% verloren, und amerikanische Aktien liegen erst recht in den roten Zahlen. Allein am 4. April verloren der S&P 500 4,84% und der NASDAQ fast 6%. Am Markt ist man sich jetzt sicher, dass die Fed die Zinsen dieses Jahr viermal senkt.

Seit 1980 haben US-Staatsanleihen US-Aktien nur selten zwei Quartale in Folge hinter sich gelassen: 1982, 1992, 2001 und 2008/2009. Stets befand sich die Wirtschaft in der Rezession. Wenn es jetzt wieder so kommt, werden US-Aktien auch im 2. Quartal hinter Staatsanleihen liegen. Und in anderen Ländern wird es ähnlich sein.

Stagflation

In meiner allerersten VWL-Vorlesung präsentierte man uns das klassische Angebots-Nachfrage-Diagramm. Es zeigt, dass die Nachfrage nach einem Gut ceteris paribus fällt, wenn sein Preis steigt. Wie stark sie nachgibt, hängt von ihrer sogenannten Preiselastizität ab. Bei einem Basiskonsumgut oder einem anderen, nicht sehr teuren Artikel wie Brot, Öl oder einer Schachtel Streichhölzer fällt die Nachfrage nur wenig. Wenn man das Gut aber nicht unbedingt braucht oder auf Substitutionsprodukte ausweichen kann, bricht die Nachfrage mitunter ein. Wie US-Unternehmen und Verbraucher auf die unvermeidlichen Preis- und Kostensteigerungen durch die Zölle reagieren, hängt also vom jeweiligen Gut ab – und davon, ob es geeignete, in den USA produzierte Substitutionsprodukte gibt. Die Reaktion wird komplex sein, aber nicht alle mit Zöllen belasteten Importe lassen sich substituieren. Die Preise steigen also, die Mengen fallen. Der reale Konsum in den USA wird zurückgehen, die US-Importe aus anderen Ländern auch. Pauschalzölle lassen alle Importe teurer werden, auch Vor- und Zwischenprodukte, und damit steigen auch die Preise der (meist) amerikanischen Güter. Das Preisniveau nimmt also insgesamt zu – höhere Preise, niedrigere Mengen. Ich hasse das Wort, aber alles sieht nach Stagflation aus.

Abwärtsspirale

Für asiatische und europäische Exporteure bedeuten die Zölle weniger Nachfrage (weil die US-Verbraucher mehr bezahlen müssen) oder weniger Einnahmen (falls sie ihre Preise senken, um die Zölle auszugleichen). Niedrigere Absatzmengen oder Umsätze in den USA dürften kaum dadurch wettzumachen sein, dass man seine Produkte in Drittstaaten verramscht, die ebenfalls von den Zöllen betroffen sind. Bei einem weltweiten Handelskrieg verschieben sich die Nachfragekurven wohl nach links, und irgendwann fallen neben den Mengen auch die Preise. Der Protektionismus führt dann zu einem disinflationären Schock, den der schwächere Dollar nur noch schlimmer macht.

Die Bären sind los

Zu Jahresbeginn rechnete man laut IBES (International Brokers’ Estimate System) noch damit, dass die Gewinne je Aktie der S&P-500-Unternehmen dieses Jahr um 14% auf 270 US-Dollar steigen. Jetzt werden nur noch 12,2% und 266 US-Dollar erwartet, und es könnte bald noch weniger sein. Alles andere hätte Sie auch gewundert, oder nicht? Der Welthandel wird auf den Kopf gestellt. Die Entwicklung von Preisen und Mengen spricht für niedrigere Gewinne – und im Technologiesektor, der in den letzten Jahren für einen Grossteil des Gewinnwachstums sorgte, fallen wegen des intensiveren Wettbewerbs die exorbitanten Produzentenrenten der KI-Pioniere. Vielleicht kommen neue Wachstumsstorys – aber ganz sicher nicht, wenn die Politik so massiv gegen den freien Markt vorgeht.

Aktienrisikoprämien lassen sich nicht leicht schätzen. Konsens ist aber, dass sie in den USA in den letzten Jahren sehr niedrig waren. Die Differenz zwischen der Gewinnrendite von Aktien und der US-Zehnjahresrendite (ein gängiger Proxy) lag letztes Jahr unter 1 Prozentpunkt, bei durchschnittlich 3,3 Prozentpunkten seit 2000. Wenn die Risikoprämie steigt und die Unternehmensgewinne fallen, geben die Kurse nach. Fallende Anleihenrenditen könnten zwar helfen und werden es auch, aber damit sie die beiden anderen Faktoren ausgleichen, muss die Fed die Zinsen sogar noch stärker senken als um die vom Markt zurzeit erwarteten 100 Basispunkte. Dann könnte man auch wieder Aktien kaufen – zumal sie schon jetzt auf den schwächeren Wachstumsausblick reagiert haben. Aber so weit ist es noch nicht, zumal internationale Investoren in den USA wohl noch immer übergewichtet sind. Zur Einordnung: Wenn die Aktienrisikoprämie auf 3% stiege, die Anleihenrenditen auf 3,5% fielen und die erwarteten 12-Monats-Gewinne um weitere 10% zurückgingen, müsste der S&P 500 rechnerisch um etwa 30% niedriger notieren als bei Börsenschluss am 3. April. Das scheint viel. Der Markt fiele dann wieder auf seinen Tiefststand nach Beginn der Zinserhöhungen der Fed im Jahr 2022 zurück.


Die USA oder wir?

Die Vorstellung einer weltweiten Rezession und einer Aktienbaisse behagt mir gar nicht. Ich gehe bald in Rente, und ich will nicht, dass sie darunter leidet (Boomer kaufen Anleihen!). Ich kann aber einfach nicht optimistisch sein, wenn der US-Regierung der Rest der Welt egal ist und sie nichts dabei findet, mit Machtspielen und fast unglaublichen Taktiken das durchzusetzen, was sie für das Beste für ihr Land hält. Die übrigen Länder haben allen Grund, die USA aufzugeben und sich zusammenzuschliessen. Aber das wird nicht einfach sein. Die britische Regierung will über die Möglichkeit eines erneuten EU-Beitritts nicht einmal sprechen und China misstraut man ohnehin. Und so weiter. Nationalismus ist wahrscheinlicher als Kooperation, und dann droht noch mehr Protektionismus. Trump will, dass andere Länder auf seine Politik mit „phänomenalen“ Angeboten regieren. Ob sie es tun, bleibt abzuwarten, aber der Geist ist längst aus der Flasche: Die USA haben ihre eigenen Ziele. Vermutlich wird jetzt überall die Geld- und Fiskalpolitik gelockert. Europa muss neue Wege finden, um noch mehr Geld auszugeben. Wenn das gelingt, spricht weiterhin mehr für europäische als für amerikanische Aktien.

Anleihenbullen

Anleihenrenditen unter 4% in den USA und Grossbritannien und unter 2% im Euroraum scheinen vor diesem Hintergrund wahrscheinlich. Tatsächlich ist die US-Zehnjahresrendite am Morgen des 4. April unter 4% gefallen. Die Notenbanken haben einen grossen Instrumentenkasten, wenn wirklich Rezession und Disinflation drohen. Irgendwann müssen Anleger dann aber auch überlegen, wie sie sich am besten vor einer wieder höheren Inflation schützen können. Aktien und High Yield werden dann wieder zu den Assetklassen der Wahl, aber das dauert noch. Ausserdem werden viele Länder auf einen Einbruch der Weltwirtschaft mit einer höheren Kreditaufnahme reagieren, sodass die Zinsstrukturkurven irgendwann steiler werden. Eine kürzere Duration (oder gar eine von null) sowie Qualitätsanleihen mit einem deutlichen Zinsaufschlag gegenüber dem Geldmarkt werden dann interessanter sein als Assetklassen mit dem Risiko langfristiger Verluste. Dass inflationsindexierte Kurzläufer ebenfalls attraktiv sind, liegt auf der Hand.

Ins eigene Fleisch geschnitten

Nach vorläufigen Analysen wird der effektive US-Importzoll auf 20% bis 25% steigen, so viel wie seit den 1920ern nicht mehr. (Trump mag es nicht gerne hören, aber in der VWL ist Konsens, dass das Smoot-Hawley-Zollgesetz von 1930 die Grosse Depression verschärft hat.) Am Ende werden die Verbraucher einen wesentlichen Teil der Zölle zu tragen haben, mit Folgen für Realeinkommen und Ausgaben. Der Aktien­markt zeigt uns schon jetzt, wie gross die Sorgen sind: Gefallen sind zwar alle Sektoren, aber Konsumverbrauchsgüterwerte waren am 3. April besonders schwach.

Vielleicht schaffen Verhandlungen zwischen den USA und anderen Ländern etwas Abhilfe, etwa durch Zugeständnisse bei der Währungspolitik und nicht tarifären Hindernissen für US-Exporte. Die Nachfrage nach US-Waren dürfte durch Trumps Zölle dennoch stark zurückgehen. Auch wenn sich Trump gerne als Opfer inszeniert, spricht viel dafür, dass die USA einfach nicht das produzieren, was andere Länder kaufen wollen, dass sie zu teuer sind und ihre Qualität nicht reicht. Haben Sie schon einmal amerikanischen Käse gegessen? Hinzu kommt, dass die Amerikaner viel zu viel ausgeben und zu wenig sparen. Damit ist das amerikanische Handelsbilanzdefizit schon weitgehend erklärt. Eine Rezession wird daran nichts ändern. Sie bewirkt lediglich, dass die amerikanischen Verbraucher verarmen und weniger Importgüter nachfragen. Zölle ändern auch nichts daran, dass Roboter Autos billiger und besser zusammenschrauben können als Menschen. Trumps Zölle werden nicht dazu führen, dass in Michigan und Louisiana Heerscharen neuer Fliessbandarbeiter beschäftigt werden. Und wenn Autohersteller eine Fabrik von Mexiko in die USA verlagern, garantiert das keinen höheren Absatz. Die Welt ist aus den Fugen geraten.

Performancedaten/Quellen: LSEG Workspace Datastream, ICE Data Services, Bloomberg, AXA IM, Stand 3. April 2025, falls nicht anders angegeben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis auf künftige Erträge.

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