Die Hypothese der erneuten Beschleunigung
- Die Zinswende scheint vom Tisch zu sein. Dennoch dürften die Falken behutsam vorgehen: Selbst wenn die aktuellen Daten wieder einen kleinen Anstieg des Wachstums signalisieren (zumindest in den USA), lehrt uns die Vergangenheit, dass eine Straffung der Geldpolitik die Konjunktur manchmal erst mit grosser Verzögerung bremst.
Den Gedanken an eine „Zinswende“ haben die Marktteilnehmer endlich aufgegeben. Jetzt werden sowohl in den USA als auch im Euroraum wieder höhere Endzinsen und – wichtiger noch – im Fall der Fed für die zweite Jahreshälfte Zinssenkungen um weniger als 25 Basispunkte erwartet. Das liegt daran, dass viele Indikatoren eine dauerhaft stabile Wirtschaft oder sogar einen erneuten Aufschwung signalisieren, während die Geldpolitik an ihrer straffen Rhetorik festhält.
Wir waren zwar fest davon ausgegangen, dass der Markt zu früh mit der Rückkehr der guten alten Zeiten der lockeren Geldpolitik gerechnet hat, meinen aber auch, dass man auf keinen Fall zu optimistisch für das Wachstum in diesem Jahr sein sollte. Bei früheren Zinssenkungszyklen der Fed dauerte es oft ein Jahr, bis sich der Arbeitsmarkt merklich abkühlte. Das lässt die derzeit stabilen Daten in einem anderen Licht erscheinen. Der Ruf der Fed würde erheblichen Schaden nehmen, wenn sie, wie von Bullard und Mester vorgeschlagen, die Zinsen wieder stärker anheben würde und die bislang erfolgten Zinserhöhungen genau dann auf die Realwirtschaft durchschlügen. Das lässt den Ansatz von Barkin und Bowman recht vernünftig erscheinen. Er lautet: Zinsen weiter erhöhen, vielleicht sogar mehr als erwartet, aber in kleineren Schritten von jeweils 25 Basispunkten. Etwas besorgt warten wir jetzt auf die Februardaten. Sie werden zeigen, ob dieser „Mittelweg“ die Lösung sein kann.
Wie immer haben höhere US-Zinsen auch diesmal Auswirkungen auf Europa. Trotz eines anderen gesamtwirtschaftlichen Umfelds ähneln sich die Diskussionen innerhalb der Zentralbanken. Auf der einen Seite stehen jene wie Nagel und Schnabel, die die Zinsen weiter stark erhöhen wollen, und auf der anderen Seite das Team „Vorsicht“, das schrittweise Leitzinsanhebungen bevorzugt. Aber das ist keine Entscheidung, die sofort getroffen werden muss. Die Anhebung um 50 Basispunkte im März ist beschlossene Sache. Damit die EZB auf ihrer nächsten Sitzung von diesem Plan abweicht, muss schon eine echte Katastrophe passieren.
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