Drei Fragen für 2025
Viele Investoren rechnen damit, dass Trump seine Wahlagenda nur langsam umsetzen wird, weil ihn negative Marktreaktionen auf politische Ankündigungen schnell zu Anpassungen veranlassen würden. Aber mit Blick auf seine erste Amtszeit spricht nichts dafür, dass er dazu neigt, Fehler zu korrigieren. Trotz ungünstiger Marktreaktionen auf einige Aspekte seiner Politik – Handelskrieg, Einschränkungen für Big Tech – hatte er seinen Standpunkt nicht verändert. Auf eine Aufweichung seines Programms sollte man sich also nicht verlassen. Politische Zwänge sind möglicherweise ein besserer Hinweis darauf, wie die Wahlkampfversprechen die tatsächliche Politik beeinflussen werden. Hier war ein neues Kapitel des Governance-Shutdown-Dramas im Dezember aufschlussreich: Schon jetzt steht der designierte Präsident zwischen einer aktiven Minderheit von Verfechtern einer sparsamen Haushaltspolitik innerhalb seiner eigenen Partei und einer Mehrheit im Kongress, an deren Spendierlaune sich nichts geändert hat. Deshalb ist ein weiterer starker Anstieg des Haushaltsdefizits – weil den Steuersenkungen vermutlich keine Sparmassnahmen gegenüberstehen werden – das wahrscheinlichste Szenario, sodass die zusätzlichen Anstiege der Langfristrenditen in den letzten Wochen gerechtfertigt waren.
Die zweite Frage ist, wie China auf die neue US-Administration reagieren wird. Die Verlagerung der Konjunkturmassnahmen auf Programme zur Förderung des Konsums sind begrüssenswert, aber viele der angekündigten Schritte bleiben vage und unbestimmt. Was jetzt nötig wäre, ist die Verwendung der Produktivitätsgewinne für Lohnerhöhungen, aber angesichts der immer schlechteren Aussichten könnte dies den Unternehmen schwer fallen.
Für Europa stellt sich in diesem Jahr die Frage, wie das durch den Draghi-Bericht hervorgerufene neue Bewusstsein der wachsenden Kluft gegenüber den USA in Massnahmen umgesetzt werden kann, anstatt den allgemeinen Pessimismus zu verstärken. Das Vertrauen in die EU-Institutionen, das in den letzten Jahren nachgelassen hatte, ist gestiegen. Dies könnte einem weiteren Schritt zu einem gemeinsamen Haushalt die Tür öffnen. Eine grössere politische Einigkeit der Mitgliedsländer könnte zu vorgezogenen Wahlen in Ungarn führen. Aber der dafür nötige entschlossene Impuls aus Deutschland dürfte an den lokalen politischen und institutionellen Einschränkungen scheitern – selbst unter einer neuen Koalition. Und schliesslich wird es so lange schwierig bleiben, auf europäischer Ebene mehr Dynamik zu erreichen, bis sich Frankreich innenpolitisch stabilisiert hat, möglicherweise um den Preis einer weiteren Wahl, die ihrerseits zusätzliche Risiken birgt.
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