Nachricht aus China
Indem die EZB in ihrer vorbereiteten Erklärung ausdrücklich auf eine Lockerung der Geldpolitik hinwies, hat sie die Erwartung des Marktes – und auch unsere – bestätigt, dass die Zinsen im Juni gesenkt werden. Besonders interessant fanden wir, dass die Zentralbank in der Pressekonferenz das Gefühl vermittelte, dass sie bereit sei, höhere Energiepreise zu tolerieren und „Schwankungen“ bei der Deflation zu akzeptieren. Angesichts der jüngsten Eskalation im Nahen Osten ist das eine willkommene Nachricht.
Anders als im Euroraum ist der Rückgang der Inflation in den USA keine klare Sache. Die aktuellen Zahlen letzte Woche enttäuschten erneut. Auch wenn die Teuerung der Produzentenpreise etwas beruhigte, bleibt der Fed unserer Ansicht nach nicht mehr viel Zeit, ausreichend „Zuversicht“ zu gewinnen, um ihre Leitzinsen im Juni zu senken. Deshalb erwarten wir jetzt den ersten Zinsschritt erst im Juli.
In China hält die Immobilienkrise an, was den Erfahrungen anderer Länder entspricht. Solche Dinge verschwinden nicht über Nacht. Wir haben uns vergleichbare Krisen anderer Länder angesehen, um die Wirtschaftspolitik Chinas einzuschätzen. Die USA reagierte auf die Subprime-Krise mit massiver staatlicher und geldpolitischer Unterstützung. Einige Euroraumperipherieländer wie Spanien, das eine Wohnimmobilienkrise bewältigen musste, hatten nicht genug Spielraum, sodass sie zu einer „internen Abwertung“ greifen mussten. Der Erfolg dieser Anpassung war einem starken Exportanstieg zu verdanken. Angesichts seiner aktuellen wirtschaftlichen Lage kann China kaum so umfangreiche staatliche Unterstützung leisten wie die USA nach 2008. Es ist sehr verlockend, darauf zu setzen, dass die Exporte die fehlenden Wirtschaftsleistung des Immobilienmarktes wettmachen. Allerdings ist es schon wegen des enormen Anteils Chinas am Welthandel unwahrscheinlich, dass eine exportgetriebene Strategie gelingen kann, ohne dass es zu Spannungen mit den Handelspartnern kommt. Um das Dilemma in China zu lösen, könnte man aus unserer Sicht die höheren Erlöse aus dem stärkeren Produktivitätswachstum in höhere Reallöhne überführen (und damit die Binnenwirtschaft ankurbeln), anstatt die Preise für chinesische Exporte weiter zu senken. Und eine lockerere Geldpolitik könnte eine solche Anpassung stützen.
Rechtliche Hinweise