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Im Überblick:

  • Wir betrachten den jüngsten dramatischen Anstieg der Langfristzinsen, vor allem in den USA. Neben der konjunkturellen Lage könnte auch die fragliche Zukunft der US-Staatsfinanzen vor dem Hintergrund der politischen Stagnation eine Rolle spielen.

In Reaktion auf die Warnungen der Fed, dass die Zinsen angesichts der hartnäckig stabilen Wirtschaft weiter hoch bleiben oder sogar weiter steigen könnten, und vor dem Hintergrund massiver Nettoemissionen von Treasuries stieg die US-10-Jahres-Rendite letzte Woche ganz kurz auf 5%. Dennoch löst jegliche noch so vage Datenveröffentlichung, die eine Lockerung der Geldpolitik rechtfertigen würde, nach wie vor schubweise Renditerückgänge aus. Offenbar bereiten die jetzt hohen Niveaus der Langfristzinsen allen Unbehagen. Das ist verständlich. Da die Märkte jetzt die Folgen der Straffung verstärken, wird die Stabilität der Realwirtschaft auf den Prüfstand gestellt, sodass die Fed genau darauf achten dürfte, es nicht zu übertreiben.  Die in der letzten Woche veröffentlichten Arbeitsmarktdaten für September waren ein gutes Beispiel dafür: Dem steilen Anstieg der Renditen, weil die US-Wirtschaft einmal mehr der Schwerkraft getrotzt hatte und viel mehr Arbeitsplätze entstanden waren als erwartet, folgte ein teilweiser Rückgang, was möglicherweise auf die weniger besorgniserregenden Datenkomponenten zurückzuführen war, die sich hinter den Schlagzeilen verbargen. Tatsächlich sind die Löhne weiter zurückgegangen auf ein Niveau, das zu einer Rückkehr der Inflation auf die angestrebten 2% passen würde, ohne dass man zu ambitionierte Annahmen zur Produktivität treffen müsste.

Aber die US-Staatsfinanzen geben ebenfalls Anlass zur Sorge um den Anleihenmarkt.  Kurzfristig dürften die Entfernung von Kevin McCarthy aus dem Amt des Sprechers des Repräsentantenhauses und die unterschwellige Spaltung der Republikaner paradoxerweise helfen, die Langfristzinsen im Zaum zu halten, wenn es tatsächlich zu einem Shutdown kommt, der die Nachfrage bremsen würde. Was das aktuelle Drama allerdings zeigt, sind die Schwierigkeiten, auch nur ansatzweise zu einer gemeinsamen Lösung der Haushaltsprobleme zu gelangen – selbst innerhalb der Parteien herrscht keine Einigkeit. Und das bedeutet nichts Gutes für die Möglichkeit, die strukturellen Schwächen der US-Staatsfinanzen in den nächsten Jahren in Angriff zu nehmen. Vermutlich droht aber keine unmittelbare Gefahr. Nach Angaben des Congressional Budget Office (CBO) würden die Schulden der USA ohne politische Massnahmen bis 2033 118% des BIP erreichen – ein Niveau, an das sich einige europäische Länder mittlerweile gewöhnt haben. Möglich ist das aber nur, wenn die von Donald Trump gewährten Steuersenkungen 2025 teilweise auslaufen, was allerdings alles andere als sicher ist, falls er ins Weisse Haus zurückkehren sollte. Andererseits ist von der Biden-Administration in puncto Haushaltskonsolidierung zurzeit wenig zu erwarten. Da die Sozialausgaben in den USA entsprechend dem langfristigen Durchschnitt steigen, sind harte Entscheidungen nötig, und die politische Frontenbildung ist dabei nicht hilfreich.

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